February 12 | 2017

    Ich habe nicht das Training, um im Gespräch den Anderen effektiv in seinen Äußerungen zu desavouieren. Auch fehlt mir die Motivation diese Praxis nachzuholen.
    Die im beruflichen Umfeld anzutreffende Gesprächskunst ist keine. Die Entschuldigung für diesen Missstand lautet: Professionalisierung. Der Profi weiß schon alles Notwendige. Die Gymnasitk seines Gegenüber betrachtet er als Zier, die, um seinen Monolog zu schmücken, er gelegentlich erlaubt.

    Disney und Prozac. The Healthy Choice.
    Um die Handlung des Helden verfolgen zu können, muss dieser am Leben bleiben. Ihn deswegen jedes Kreuzfeuer überleben zu lassen geht auf Kosten der Wahrscheinlichkeit. Begegnet er uns als Untoter, oder nur als Stimme aus dem off, ist der Naturalismus ohnehin am Ende. Dass uns das kaum stört, sondern im Gegenteil sehr gut gefällt, hat zu tun mit Gewöhnung, sicherlich. Wie eine Unwucht hat die Heldenhandlung eine Kerbe in den Kopf geschlagen. In ihr, so die Idee, will man später selbst zur Ruhe kommen. (Zuvor stand dort im Knochen: der Zufall. Der Erinnerung an sein Vorhandensein ist wiederum nur chemisch beizukommen.)

    Gewalt.
    Der Zynismus ist ausgeleiert. Die Seele hält er nicht mehr zusammen. Zu offen sichtlich die Gewalt gegen andere. Die Hoffnung war: sie ernstzunehmen heißt, sie zu verhindern suchen.
    Dem Anschein nach geht alle Kraft darauf sie zu rechtfertigen.

    I do lack the training to eloquently expose the shortcomings of the other. Furthermore, I have no inclination to catch up on it.
    Whenever you go to the market, there is no need for the art of conversation. Negotiation is the appropriate skill. The common excuse for this inadequacy is that you are a professional. The professional already possesses the necessary knowledge. He does allow for the contortions of his alleged partner, if they serve as proper ornament for a price tag.

    Disney and Prozac. The Healthy Choice.
    In order to have the old fashioned plot deploy it deems necessary to have the hero survive. He happens withstand the most intense crossfire and it should make us suspiscious: in how far can I identify with him? Improbability does not bother us too much, as doesn’t an invisible, time-warped narrator. We are used to these tricks. It’s repetitive deception with good intent.
    A sweet heavy spot has been carved out in our head. Right there, where the exception of the hero gets to work, we hope to get to settle down our self, one day. (Earlier this part of the skull contained the memory of coincidence. Erasure of this memory requires a different kind of medium, capable, of heavy chemical impact.)

    Violence.
    Cynicism is worn, worn out. It no longer can bind the soul. Violence against the other has become too obviously visible. Anybody is anybody’s neighbor now. Indeed, it has become impossible to look away, only the ethical consequences were rather unexpected. The attempts trying to justify violence seem to outweigh the attempts to prevent it from happening.

    February 03 | 2017

    Er war sehnsuchtskrank,
    Was nur hieß, dass er Sehnsucht hatte.
    Krank daran
    Sich dem Naheliegenden zu verweigern.
    Sein Produkt ist defamiert
    Als Wucherung.

    Stark trifft die Bezeichnung
    Einen Faulen.

    Stehen bleiben, Polzei.
    Detektiv sein bedeutet
    die Spuren nachgehen
    Gleich an Gewalt
    Verschieden
    Abstrakt
    die Zwecke.

    Das Missverständnis.
    Vorbild sein
    Als –
    Davor stehen bleiben
    Sich identisch
    Annehmen.

    Im frühen Film verzögerte ein ‚Händehoch‘ den Helden.
    Später musste sich ergeben: die Handlung.

    January 20 | 2017

    „Are you a native?“
    „I’m not a native, I was born here.“ (Blake Edwards, The Great Race. 1961)

    Bernd Höckes Bemerkungen zum Holocaust-Mahnmal sind im Kontext seines Aufrufs zum „totalen Sieg“ zu Ende zu denken. „Eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ wird bedeuten: eine Geschichtsschreibung, die sich von ihren Opfern ab- und ihren Siegern zuwendet.
    Bernd Höcke, der Geschichtslehrer, weiß es wohl: Chauvinismus setzt Energien frei. Die ohnehin halbherzigen Versuche ihn zu Unterdrücken, sollen der angespannt am Weltmarkt sich alltäglich zu verkaufenden Seele zukünftig erspart bleiben.
    Gesprochen werden soll wieder vom Ruhm, von der Häme, und auch die Schlachtbeschreibung, war sie ach nie ganz verschwunden, wird wieder zu neuer Blüte gelangen. Für Zweifel, Empathie und Rückzug hat der Chauvinismus keine Form. Sie finden keinen Ausdruck. Letzteres ist die Kurzdefinition von ‘Trauma’. Es wird gut verdeckt durch eben jenes Sprechen vom Ruhm, der Häme und dem Fetisch des Details: Angaben zu Material und Stellung, Bewegungspfeile auf Karten sind beliebt, sowie Informationen zu Art und Menge des Frühstücks, das der General am Tage der Entscheidung zu sich nahm. Vom so genannten Neoliberalismus sturmreif geschossen, freut sich die Psyche über solch erfrischendes trallala.
    Erinnerungskultur, das war der Nachfolgeterminus für Vergangenheitsbewältigung. Auch das weiß Bernd Höcke, der Geschichtslehrer, jedoch führt er die beiden Begriffe für seine Sache ungeschickt zusammen. Er hätte es nicht nötig Vergangenheitsbewältigung negativ zu besetzen. Sie ist als ‘Bewältigung’ ganz in seinem Sinne. Sie fordert einen Abschluss der Arbeit an der Vergangenheit. Diese Forderung hat immer schon lautstarke Vertreter gefunden.
    Besonders laut war ein auf Bundesebene erfolglos polternder bayrischer Export, der in vielem Ähnlichkeiten aufwies zu dem 45sten Präsidenten der Vereinigten Staaten. Donald Trumps Vereidigung liegt noch einen Tag entfernt. Die Bedeutung als politische verschwindet hinter seinem orangenen Haar, den zu kurz geratenen Fingern und Phantasien über russischen Natursekt – des Generals Frühstück eben. Die Opfer seiner zukünftigen Politik sind bekannt. Niemand kann überrascht tun, wenn in der Folge des 21. Januars den so genannten Minderheiten elementare Menschenrechte entzogen werden.Eine Vielheit will das Erbe der Katastrophe abschütteln. Wer auch nur in Kneipen und auf Kindergeburtstagen ein offenes Ohr behalten hat, weiß schon davon, dass so ein ‘Richtungswechsel’ großen Zuspruch findet.
    Der Begriff Erinnerungskultur sollte, entgegen der missverständlichen Vergangenheitsbewältigung, auf eine lebendige Praxis hinweisen. Ein Leben mit den Toten, wenn Sie so wollen. Doch Wovon sprechen wir, wenn wir vorm ‘Denkmal’ stehen? Die in jedem Dorf vorhandenen Denkmäler zum Gedenken an die Gefallenen aus den Kriegen 70-71, 14-18 und 39-45 sind gut versteckt. Charmant verwachsen mit den Sträuchern und Bäumen ihrer Erbauungszeit erscheinen sie als Landschaftsteile und gemahnen an nichts. Sie gehören, ohne zweite Botschaft, als Detail zum Naturraum.
    Als Strategie einer um den Menschen besorgten Ethik ist das Denkmal alleine nutzlos. Dazu bedarf es der Arbeit – eben jene Verbindung von Text, Ritual und Präsenz, die am Holocaust Mahnmal dafür sorgen soll, dass die Geschichte, dass die Erinnerung an das Leben und Sterben der Vorfahren, unsere Vorstellungen einer wünschenswerten Zukunft informiert.
    Bernd Höcke hat Recht. Nichts davon kann der Chauvinist gebrauchen. Wenn das große Opfer ausbleibt, wer wird später vom Tag der Entscheidung berichten? Klar ist, der so begriffene ‘Deutsche’, als geborener Sieger der Geschichte, wird sich erst “wiederhaben”, wenn es nach dem Frühstück nicht mehr um die Frage Aldi oder Lidl, sondern um Leben oder Tod geht.

    January 20 | 2017

    Ein münsteraner Taxifahrer in zur Lage in der Türkei:
    „Menschen gut,
    Aber System Kaputt.
    Gefährlichste Menschen
    Sind Studenten.“

    Eine Junge Mutter zu ihrem etwa vier Jahre alten Sohn:
    „Jetzt verhalte dich normal.“

    Eine Frau im besten Alter mit regionaler Kurzhaarfrisur, im Bus zwei Sitze vor mir, reagiert darauf, dass ich zunächst aufstehe, um dem Anschein nach, die von einem Rollstuhlfahrer zuvor erfolgreich benutze Rollstuhlrampe wieder einzuholen. Ihr unförmiges Herausragen und widerständiges Aufliegen (der Rollstuhlrampe) würde die Weiterfahrt verhindern, soweit sind sich alle einig. Abschätzig wird geblickt auf eine junge Frau, die beim Aussteigen vergaß oder gar nicht daran dachte die Rampe wieder hereinzuholen. Dem Rollstuhlfahrer selbst war es nicht zuzumuten, er war frei von Tadel.
    Wie ich mich zurückhalte, weil zu erkennen ist, dass ein Radfahrer, der gerade beim Fahrer vorn eine Karte kauft, eben diese Rampe für sich nutzen wollen wird, trifft mich das Unverständnis eben jener Frau, die den Plan des Radfahrers noch nicht kennt: „Ah, mh, pff.“
    Der Radfahrer fährt ein.
    Sie sieht sich zur Entschuldigung genötigt. Schwer empört über diese gefühlte Not, letztlich von meiner Gegenwart als Mensch verursacht: „Ich hatte nur gedacht, pff“
    Öffentlicher Raum, Menschen gut, aber schwierig, alles.

    Autokorrektur macht aus
    Selbstreflektion
    Selbstruflektion

    Verschreiber des Tages: meatphysisch

    Ich verhalte mich museal zu meiner Gegenwart. Das ist, glaube ich, der Ausweis des Melancholikers, bzw. von dessen Hang zur Nostalgie.

    Staatsschiff.
    In ‚Asterix und Obelix bei den Briten‘ schlägt der Piratenkapitän dem eigenen Schiff ein Leck. Der nur scheinbare Unsinn hat große Ähnlichkeit mit dem Verhalten wahlberechtigter Staatsbürger unserer Gegenwart. Sie sehen sich bedroht von Wirkungen Anderer, deren Kräfte ihnen unbekannt sind. Auf der Suche nach der eigenen Wirkung erscheint noch die Selbstzerstörung als Sieg über die drohende Handlungsunfähigkeit.

sache 02

    December 01 | 2016

    Die Bar, ein Ort wo man nichts können muss. Nur Patronage wird verlangt, am Ende müssen die Pekunien auf den Tisch, ansonsten hat man sich nicht auszuziehen. Wer weder quaken, noch sich hart betrinken will, braucht dennoch eine Entschuldigung. So erhalten Notizbuch-Einträge die Qualität der Zwangshandlung. Man erscheint geschäfftig. Dass man dem Reigen nur zuguckt, wie dem Meer beim anspülen, könnte einem sonst übel genommen werden.

    Nachgedanken zur Wahl in Mecklenburg Vorpommern, noch keine drei Monate alt und doch schon veraltet. Damals erschein mir das alles noch als skandalös, aber wir hatten weitere 12 Wochen, um uns zu gewöhnen:
    Der in Mecklenburg Vorpommern so laut gewordene Wunsch, die Arbeit am Miteinander sei nun einzustellen, ist keine politische Willensäußerung. Auch dann nicht, wenn er politische Repräsentation findet.
    Nun fordern jene mit Hochschulausbildung mehr politische Bildung für alle. Ihrem Wunsch steht entgegen ein alltägliches Miteinander, das gar keinen Begriff vom Politischen hat. In den Mikrokosmen der Gesellschaft herrschen Konfliktscheue und patriachale Ordnung im Sinne der allseits geschätzten Ruhe im Karton.
    Die Botschaft der neuen politischen Kräfte ist wohl nicht zu schlagen: “Ab ins Bett. Wenn ihr aufwacht, arbeiten, pipi machen, essen, weiterschlafen.”

    Ich erkenne im aggressiven Jargon der so genannten neuen Rechten die Denunziation der 68er. Ihre Überreste, die der steckengebliebenen Revolution – Gesetz gewordene Anliegen der Menschenrechts- und Bürgerbewegungen, die Teil geworden sind der Ordnung und ihrer Institutionen – sie sollen getilgt werden. Sprachlich sehr schön gewendet, nennt sich die reaktionäre Bewegung eben nicht ‘die Reaktion’, sondern ‘die Alternative’.
    Auch ‘der linksversiffte Gutmensch’ ist so ein Wiedergänger. Als Begriff taugt er vor allem dazu, sich die Arbeit am Wir vom Halse zu halten.

    Verschreiber des Tages: Testmasse statt Textmasse.

    Milieu.
    The bar, human’s refuge. Where one has nothing else to do but to fulfill common expectations of patronage. Put your money on the table and, at times, stay dressed. However, he who is neither there to gibber, nor has the intention to get shitfaced, still is in need of an excuse. In regard to this neurosis, writing, in public might just qualify for this excuse. One appears to be busy. Successfully disguising the aimless gaze of somebody watching the sea, I might be considered a serious observer, devoted to the detail of the breaking wave. People might be willing to forgive the insult. My hope: the moving pen will make up for unmoved eyes.

    Long time gone, so it seems, is the election in Mecklenburg Hither Pomerania. The following was written under the impression of ’shock‘. But we had another twelve weeks getting used to:
    The German province Mecklenburg Hither Pomerania has a funny name. I was tempted to change one letter in order to produce an all too simplifying commentary on the recent political events. One quarter of the local electorate has uttered the wish to no longer partake in the exhausting negotiations underlying the social contract. Unlike the common response of the print media suggests, it is not the expression of a political will – of the people – but an expression of complete ignorance concerning what a political will actually is.
    Now the lack of political education is being mourned and a fundamental change in education is being demanded.
    However the educational system can be reformed, our faith towards ‚Bildung‘ is facing the anti democratic everyday practices of the citizen. Families, houses and work refer conflicts, they do not deal with them. Advantage – without object – is a justified goal within the chauvinist framework. Donald Trumps says, children have to learn the value of the Dollar. How does this translate ? 1 Dollar = 90 Euro-Cent = half a coffee =the beginning of a fortune or the 1/x of a heart?
    Therefore, the promise of the new political forces is, indeed, very tempting: „Go to bed, when you wake up in the morning, do the work that’s yours, take a piss, eat, and have a nap. While you might not be better of than your neighbor, there will be entire countries loathing the slightest wiggle of your wand.“ Make Mecklenburg Hither Pommerania great again.

    The so called new [German] right reproduces the anti revolutionary jargon from post 1968.
    The failed or if you will stuck revolution of ’68 was followed by a period of reformation within the institutions. Civil rights and human rights movements were able to shape policy, to insert text into the books informing our social interactions.
    It is nothing short of linguistic mastery to disembowel the term ‚alternative‘ in order to make room for a mythical longing: The suffered alteration of sacred identity shall finally become undone. Do away with the unruly names and dates. Weimar, 1918, 1848, x.
    [Putting the x in place, the way i just did, I realized, it does no good aiming to represent yet another date or name, but it very well could indicate a turning point. From the x on, we cross a line, or are deflected by one. Only in retrospect the x is visible as an x. Living in present times, it might just as well be an u.]

    typo of the day: A mount of text.

    Le bar, ce havre de paix. C’est un des rares lieux ou l’on n’a rien d’autre à faire que de se laisser porter par ce qu’on attend d’un client. On pose l’argent dans le table, et même, quelquefois, on n’a pas à se déshabiller. Mais si vous n’êtes intéressé ni par l’alcool ni par les causeries, vous aurez besoin d’une excuse. A cette névrose pourrait servir d’excuse parfaite le fait de s’installer à une table pour y écrire. L’essentiel, c’est de sembler être occupé : l’oisif afairé. Je cache alors avec succès, mon regard sans but. L’attitude d’un homme regardant la mer fait de lui un observateur illégitime. Je ne m’intéresse pas aux détails. Je crains que les gens ne soient pas prêt à me pardonner l’affront que je leur fais. J’espère que l’agitation du stylo actionné par l’écriture apaisera l’attention.

    Quelques idées après les élections législatives régionales dans le Land de Mecklembourg-Poméranie Occidentale en Allemagne. Le temps a passé, semble-t-il, depuis. Ce qui suit a été écrit sous le coup de l’instant. Nous avons eu donc douze semaines pour nous habituer à :
    La province allemande de Mecklembourg-Poméranie Occidentale porte un nom amusant. J’ai eu envie de modifier une lettre afin de produire un tout autre commentaire plus simpliste sur les récents événements politiques. (Quand même, la langue française sabote ici mon jeu de mots) Un quart des électeurs locaux ont exprimé leur souhait de ne plus prendre part aux épuisantes négociations nécessaires au contrat social. Contrairement aux idées répandues dans la presse, il ne s’agit pas de l’expression d’un désir politique – du peuple – mais de l’expression d’une complète ignorance concernant ce qu’est véritablement un désir politique.
    Le manque actuel d’éducation au politique nous en fait faire le deuil, et en même temps nous demandons une refonte totale de cette considération au politique.
    L’accessibilité à l’éducation peut bien être réformée de quelque manière que ce soit, notre confiance et notre fidélité profondes envers le ‚Bildung‘ se confrontent aux pratiques anti-démocratiques ordinaires, banales, des citoyens. Le mode «Travail, famille, patrie» Les microcosmes du quotidien ne connaissent pas les pratiques politiquement. La course aux avantages – bien qu’immatériels – justifie chaque tire sur le terrain du chauvinisme. Donald Trump dit que la jeunesse doit connaître la valeur de l’argent. Je me demande comment traduire cela. 1 dollar = 90 centimes d’euros = un demi-café = le début de la fortune ou le 1/x d’un cœur ?
    Par conséquent, la promesse des nouvelles visions politiques est, vraiment, une promesse séduisante : «Aller au lit, se réveiller au matin et faire le travail est le nôtre, pisser, manger, et faire la sieste. Bien que tu ne fasses probablement pas mieux que ton voisin, il y aura toujours en face de toi quelques pays entiers plus faibles qui tentent de survivre sous tes mains.»
    Rendre sa grandeur à la Mecklembourg-Poméranie Occidentale

    Le soi disant «nouveau droit allemand» réemploie le jargon du mouvement anti-révolutionnaire post 1968.
    Un échec ou un compromis par lequel tu te retrouves dans une période de réformes des institutions. Les mouvements des droits civiques et des droits de l’Homme seraient capables de façonner la politique, en proposant le texte et les mots comme moyen d’information dans nos interactions sociales.
    Aujourd’hui, nous endurons l’alternative pour Allemagne. Quel tour de force que celui de prendre le terme «alternative» pour poser un toit sur un espace mythique et retirer tous changements au sein de l’identité intouchable. En se délivrant de quelques noms et dates embarrassantes: Weimar, 1918, 1848, etc.
    [En écrivant etc., je réalise immédiatement ce que signifie de ne pas pointer d’autres noms ou dates, mais j’affirme un tournant majeur. A partir de ce etc., nous franchissons une ligne, ou nous dérivons vers une autre. Je vis dans le présent, ce etc. pourrait simplement être bien autre chose.]

    etc.

sache 01

    August 23 | 2016

    Im Grunde bösartig ist die zeitgenössische Idee des lebenslangen Lernens. Noch immer poltern die Ausbeuter im Namen der Vernunft, Lehrjahre seien keine Herrenjahre. Der Normalfall der Lehre ist nur erträglich in der Aussicht auf ein baldiges Ende.

    „Fußgängerzonen, Fußgängerzonen, […] Ach Du schönes Westdeutschland.”
    Ich behaupte die Allgegenwart der Inneneinrichtungs- , Gedöns- und Privatisierungsläden: Butlers, Xenos und Mythos.

    In der U2 ergibt sich für mich bisweilen der Höreindruck einer Voliere. Ich sitze dann inmitten schreiender Vögel. Dem ist offensichtlich nicht so und ich suche nach der Erklärung. Unter den Sitzen der alten Bahn finden sich Gitterklappen. Sie muten an wie Käfige und ich stelle mir vor: da sind die Vögel drin und sie wollen raus. Erkennbar – ein Schlitz. Dort lassen sich wahrscheinlich mit einem Schlüssel die Türen der Käfige öffnen. Ich frage mich, wer hat den Schlüssel?
    Die anderen im Raum, deren Apparat noch Richtungshören zulässt, ist viel zu früh schon klargeworden, dass das Geschrei durchs Fenster kommt und irgendwas mit Hartmetallen und einer Last zu tun haben muss.

    Verschreiber des Tages: Fromkritik.

    The current notion of lifelong-learning is fundamentally evil. While the exploiters of today sure are reasonable heirs of tradition, the exploited still see time working for their cause. A German idiom frames the outlook of advancement – the years of apprenticeship are not the year of the master. By contrast, how devastatingly honest does the English equivlaent prepare the life-long learner for his position – life isn’t easy at the bottom.

    „Pedestrian malls, I’m walking through pedestrian malls, […] Oh, West-Germany, the beautiful.” (Rainald Grebe, The Hongkong-Concert).
    Walking the German inner cities, one cannot but admire the omnipresence of stores selling the good life in form of shenanigans. Revealing are their names, Butlers, Xenos and Mythos.

    On the Berlin subway line U2, I frequently fall prey to my imagination. Hearing impressions inform the idea, I was travelling on board an underground avery. As I do not see the birds themselves, I must be wrong.
    Yet, underneath the seats of the old cart, where we have our feet, a metal-grid seperates some space from our access. Not unlike cages, they allow me to assume that they contain the screaming birds. Obviously, they want to be set free and I can see a narrow slot, built to hold a key. I am asking myself, what kind of custodian or care-taker would be the owner of this key?
    Those whose hearing is not impaired, probably everybody else in the cart, they know all too early that the screaming enters our space through small open windows, and that it has to do with iron and the necessity to move something very heavy.

    typo of the day: the critique of from

    L’ideé que toute la vie est une form d’apprentissage, c’est profondément néfaste. Encore, les capitalistes de nos jours, ils peuvent se reposer sur la tradition. Se former est un rude métier, dit le vieil adage. L’expression allemande valorise la notion de progrès : « Les années d’apprentissage ne sont pas des années de maître. » A l’inverse, d’une honnêteté glaciale, la version anglaise prépare l’élève à son avenir ainsi : « En bas, la vie n’est pas facile. »

    „Zones piétonnes, zones piétonnes, […] Ah, la belle Allemagne de l’Ouest! (Rainald Grebe, Le Concert Hongkonk)
    On marche dans le centre-ville allemand au milieu de boutiques et partout ils nous vendent des bibelots – cette une chose étrange. En plus, leurs noms révèlent une certaine malice: Butlers, Xenos et Mythos.

    Sur la ligne U2 du métro berlinois, je me perds souvent dans mon imagination, guidé par ce qui vient à mes oreilles. J’étais à bord d’une volière souterraine. Comme je ne vois pas les oiseaux, je dois me tromper. Au-dessous des sièges du vieux wagon, là où nos pieds se trouvent, une grille en métal nous les rends inaccessibles. Ca ne ressemble pas à des cages, et pourtant ça m’encourage à penser que c’est ici que sont les oiseaux hurlants. Bien sûr, ils veulent être libérés; je peux voir une étroite serrure. Je me demande quelle sorte de gardien ou de protecteur pourrait être le propriétaire. Qui est l’homme que tient la clé?
    Les otres passagers, ils tiennent des oreilles en bonne santé. Malhereusement, ils savent que les cris qui passent à travers les petites fenêtres ouvertes du wagon sont en réalité le cri de l’acier et qu’il est nécessaire de faire circuler les choses, même très pesantes.

    La faute de frappe du jours est intraduisible: Fromkritik.

 

    August 13 | 2016

    Statistisch gesehen.
    Manchmal kommen einem Ideen, da fragt womöglich ein Anderer: ich bin doch Bewohner derselben Welt, dies eine, von dir hier starkgemachte schien mir nicht bedenkenswert. Mit dieser Einleitung will ich verteidigen das profane Objekt meiner Neugierde: die deutsche Notrufsäule.
    Die bundesdeutschen Autobahnen bringen es auf insgesamt über 17.000 Notrufsäulen. Alle zwei Kilometer muss eine stehen, doch Deutschlands Autobahnnetz bringt ’nur‘ auf 13.000 Kilometer. Hier könnte ein Anderer einsetzen und sich zeitintensiv wundern.
    Noch ohne jedes statistische Wissen geschah es mir auf der A 31, auf dem Weg von Norden nach Süden und in etwa auf der Höhe von Twist Die große Anzahl an Notrufsäulen fiel mir auf und binnen weniger Wiederholungen, jetzt da ich sie sah, also binnen sagen wir 4×2 Kilometern, hatte sich mein ansonsten mit 140km stark bewegtes Denken festgefressen an diesen Kisten. Denn das sind sie ja, grobe Apparate auf Ständern. Säulen, das sind Kulturträger, antikes Griechenland, sie sind dorisch, ionisch, etc… ich wüsste nicht woran das zu erkennen ist. Übertrieben repräsentative US-amerikanische Hauseingänge haben sie auch. Ihre Verzierungen sind divers, womöglich dior -ish, also Mode. Notrufsäulen sind nicht einmal das, wohlwollend könnte man noch urteilen: die Notrufsäule ist total old fashioned.
    Trotzdem auf jeden Bundesbürger gefühlt 11 Mobiltelephone kommen, werden, laut Statistik, noch etwa 70.000 Notrufe jährlich in den Trichter der Anlagen abgegeben. Das aktuelle Modell der Firma Siemens besitzt die vielsagend gestrige Bezeichnung NRS 2000. Über das Gewicht der Apparate schweigt sich das Datenblatt aus. Ich vermute, sie sind schwer. Eine wesentlich kleinere Einrichtung für den Bahnbetrieb kommt auf 4 Kilogramm, auch das ist bereits alles andere als ‚handy‘. Ebenso lässt sich der Gehalt der Notrufsäule nicht ohne weiteres feststellen. Ich vermute eine Anzahl von Platinen, vorgeschaltet Omas altem Telephon mit Stoffüberzug. Viele Menschen scheinen die Neugierde über das Innenleben der Notrufsäulen zu teilen. Jedes Jahr werden hunderte Apparate zertreten, abgesägt, zerschmettert, sogar gesprengt.
    Unabhängig von exaktem Gewicht und genauer Zusammensetzung handelt es sich um viele zehntausend Kilo Material, die dort verbaut wurden und werden. Schon diese Menge überforderte mich. Wie veranschauliche ich 17.000 Notrufsäulen auf einem Haufen? Welch ungeheure Ansammlung planetarer Ressourcen. Was ließe sich damit anfangen? Plastik, Silizium, Stahl und andere Metalle.
    Ich schlage zu Hause angekommen dann Folgendes nach. Der Wagen mit dem ich mir diese Strecke erfuhr, besteht aus 1.7oo Kilogramm Plastik, Silizium, Stahl und anderen Metallen. Stehe ich mit 150 anderen, die ich überblicken kann, im Stau, wären es über 250.000 Kilogram auf einem Haufen. Außerdem: In Sichtweise unseres Hauses steht ein Windpark mit mehreren Anlagen vom Typ WEA E126. Ohne mir die unsichtbaren Fundamente zu veranschaulichen, blicke ich pro Anlage auf 3.000.000 Kilogramm Material. Allein in den Flügeln rotieren die Notrufsäulen tausender Kilometer Autobahn. Schwindel befällt mich. Notrufsäulen, Windräder… ich weiß noch nicht, ob ich die Autobahnstrecke an die Küste so leichtfertig ein weiteres Mal unternehmen werde.
    Doch, ob ich daheim meine Ruhe wiederfinde? Im Internet kursieren Schätzwerte für das Gewicht eines deutschen Einfamilienhauses, die mir den Schlaf rauben. Drei Uhr morgens schließlich nehme ich die Kofferwaage zur Hand. Sie ist eines von 10.000 Besitztümern des durchschnittlichen Nordeuropäers. Meine Vorfahren konnten nur schwer Dinge wegewerfen. Ohne Zweifel schlägt unser Haushalt nach oben aus. Ich hänge alles in die Kofferwaage: Teekanne, Bonbon-Dose, Koffer. Des weiteren den Beutel Zwiebeln 500 Gramm, steht doch dran, Geschirr kann gut im Einkaufsnetz gewogen werden, CDs, DVDs, Bücher, Werkzeug, … disfunktionales Dekors an jeder Wand, auf jeder Anrichte. Wie die Anrichte wiegen? Zinn-Geschirr, Zinn-Dosen, ein paar Elephanten aus Holz, eine alte Fleischwaage (bei aller Schwere des Gusses, wiege ich letztere mit ironischer Heiterkeit) Doch bald vergeht es mir: Was tun mit den Möbeln?
    Die Aufgabe ist unlösbar. Mein Wille scheitert an den Möglichkeiten. Ich muss mit Schätzwerten arbeiten, sie nehmen dem Ergebnis seine Autorität. Ein letzter Gedanke, ehe ich mich aufs ungewogene Sofa setze: wie die Kofferwaage selbst wiege, Fleischwaage, google, amazon hat die Waage gewogen. Jedoch, wurde das Paket mitsamt Zettelei gewogen?… Ich setze mich. Im Fernsehen kommt: Hitlers Bunker, danach: Hitlers Panzer. Guido Knopp, diese sadistische Bestie. Ich und wechsle den Kanal. Alexander Kluge hat nachgerechnet, auf Halberstadt sind über 1.400.000 Kilogramm Bombenmaterial abgeworfen worden. Ich schalte den Fernseher aus, den Computer dafür an. Auf der Startseite meines Email-Betreibers erscheint die Sensation des Tages: Detlef D Soest hat 2.000 Tonnen abgenommen.
    Derartige Häufungen trieben dei Menschen in den Nervenzusammenbruch, denke ich. Mich treiben sie an den Kühlschrank. Ich esse eine Tafel Ritter Sport zu 100g und ein Glas Milch, Inhalt: 350ml. Ohne Angst vor weiterem Übergewicht benenne ich die der kurzen Orgie folgende Ruhe. Es ist die aso genannte Bettschwere.

    August 03 | 2016

    Die letzte Sendung Maischberger vor der Sommerpause. Eingeladen waren: eine Ehrenamtliche, mehrere Politiker, ein Terrorismusexperte und kein Journalist. Claus Strunz, ehemaliger Chef der Bild Am Sonntag, gab aber preis, wofür er Experte und Lehrer ist, nämlich die zeitgenössische journalistische Schule: „In Twitter veritas“ und „Googlen Sie mal ‚Grüne gegen…‘, was da alles kommt.“
    Wenn ich ‚Claus Strunz‘ google, finde ich Videos mit seinen Äußerungen gerne und oft bei pi-news verlinkt. Das hingegen war jetzt echte Recherche und zeigt womöglich einen Trend?

    Ganz junger Typ in Chucks und T-Shirt, neben mir im Café, am Tisch zu seinem gleich gewandeten Kollegen: „Wenn man Künstler sein will, muss es nach außen tragen, sonst wirst Du überrannt. Es gibt auch normale Künstler, aber wenn man erfolgreich sein will, ist man besseer ein ordentlich spacy“

    Es gibt Menschen, denen bei nicht-gelingen alltäglicher Aufgaben ihre Selbstkontrolle abhanden kommt. Das Schloss klemmt, das Gefäß lässt sich nicht öffnen, der Hund wird nicht stubenrein. Bei allzu großem Widerstand der Objektwelt gegen den eigenen Willen kommt, so glaube ich ein frühkindliches Trauma zum Ausbruch. Es ist das blanke Entsetzen darüber, dass sich niemand bereit erklärt diese Aufgabe für mich zu übernehmen.

    Das Problem wenn man überall nur kurze Zeit wohnt:

    Ostfiresland
    Blatimore
    Brelin
    Isselbrug

    August 02 | 2016

    „Erdo-Gone“
    titelte the daily beast und berief sich auf NBC-News, diese hätten Informationen von offizieller Seite, dass sich der türkische Präsident Tayyip Erdoğan nicht mehr in der Türkei aufhalte. Ein Asylgesuch an Deutschland sei verneint worden, nun suche man nach Alternativen, am liebsten England.
    So sehr man sich eine ironische Wendung der Geschichte auch herbeisehnt, sollte doch für die Schönheit der Meldung nicht der journalistische Standard unter ständigem Rühren in den Ausguss zu gegossen werden. Die meisten deutschen Sender, Zeitungen und Portale (außer heise und der dolle kopp-Verlag) haben sich an die Grundregel gehalten, mindestens eine zweite unabhängige Quelle abzuwarten und sich nicht nur auf NBCs Rolle und Ruf verlassen. Das gab mir ein wenig Trost, dass die Freude an der real-time Apokalypse nicht um jeden Preis mit pulp gefüttert wird.

    Dallas.
    George Bush wurde mit seiner Tanzeinlage zu Unrecht der Lächerlichkeit preisgegeben. Ich stelle dagegen: wer beim ordentlich feist gestampften Glory Glory Hallelujah im Sessel offiziöser Zurückhaltung verbleibt, der hat kein Herz.
    Andererseits: Die Tea Party besteht aus lauter fröhlichen Tänzern, die zum beat von Glory Glory Hallelujah alles fahren lassen. Dass da einer kommen wird und viele werden brennen müssen, wenn er dann kommt, schafft es nicht bis in den Fuß. George Bush hat die Apokalypse jüngst durchgespielt und weiß, dass das Feuer nicht für ihn bestimmt ist. Es zündelt sich entsprechend ungeniert. Die rechte Andacht gelingt ohnehin nur denen, die wissen, dass es ihre Stunde ist, die bald schlägt.

    Avengers, X-Men, Star-Trek,… you name it.
    Wir erleiden Erzählarmut. Entweder durch die Impotenz der Stückschreiber, oder den Unwillen der nachfolgenden Glieder in der Produktionskette, Verleger, Studios, etc. Sie setzen immer auf den einen Zug, dessen Kraft sich speist aus der Notwendigkeit. Notwendig erscheinen im Disney Kino vor allem die Rache und das Überleben. Beide haben nur ein Objekt: die Familie. Man beachte: auch wenn es um die Drohung globaler Versklavung geht, verhandelt ein Klan die Frage über Leben und Tod.
    Emotionalität besteht nicht ohne ihren Ausdruck. Dieser ist geschichtlich. Immer wieder zum Schweinetrog mit den Resten alter Identifikationsangebote getrieben zu werden, voll mit albern verkürzten Zuständen von (Film-) Figuren, ihren zweifellosen Motivationen und archaischen Lernprozessen- ich empfinde das als tiefe Beleidigung meiner utopischen Seele.
    Science Fiction könnte, sollte, müsste Ausblicke generieren, Visionen die vom mythischen Kern basaler Emotionalität abstrahieren. ‚Entwicklung‘ wird ansonsten nur anschaulich im Technologieporno, den wir so gerne in 3D herumlasern sehen. Wenn uns schon abgeht eine andere Natur zu imaginieren, so möchte ich doch nicht schon bei der Kultur kapitulieren müssen. Mit aktivierter Phantasie,
    hieße extraterrestrisch, durch andere Welten sozialisierte Wesen,
    hieße futuristisch, durch andere Zeiten sozialisierte Wesen.
    Einen Weltraum denken, der nicht ans Niederste appelliert, sich nicht auf den kleinsten Nenner zurückzieht, den vulgären Darwinismus nicht zusammenfasst in permanenter Todesdrohung. So ein Entwurf wäre Ausdruck echter Menschenliebe. Er bedürfte des Glaubens, dass wir noch bewegbar sind – ganz ohne Waffengewalt.

    July 18 | 2016

    A quick guide to subtitles for the deaf and the hard-hearing. Today: Soccer.

    a) audio from players and trainers on field: indistinct chatter
    b) audio from commentator: bla bla bla. read statistic online.
    c) audio from interviews after the game: we won / we lost / drawn

    Sprachliche Besonderheiten in Schöneberg. In ihnen steckt, glaube ich, die Hoffnung des Konsumenten, man habe immerzu die Wahl.
    a) Ein Anschlag wegen entlaufener Katze: “Suche Katze”
    b) Der Name einer Schneiderei: “Veränderungsatelier”

    Am Telephon mit meinem alten Professor, sein Kommentar zu den biographischen Herausforderungen mitte dreißig:
    “Manchmal braucht es in der Schlacht den ganzen Mann, da darf man sich nicht zerteilen lassen. Du müsstest jetzt umsteigen, weg vom divertissemente, hin zur Wagner-Oper.”
    Ich: “Am Ende alle tot?”
    “Das sowieso.”

    Der Glaube überall Leben zu können steht hinter mir. Er schubst den ansonsten Unwilligen noch über jede Schwelle.

    July 15 | 2016

    And I am so very tired Of doing the right thing. Dear God, Please Help Me; Morrissey.
    Der kategorische Imperativ beim Konsum und beim Denken in Begriffen lautet: Ich muss mein Verhalten ändern, weil es Bestandteil unterdrückerischer Praxis ist. Ich habe versucht ihn auch auf meinen Blick und das Berühren der Welt anzuwenden. Die Folgen, glaube ich, sind verheerend. Die Angst davor, dass mein Zugriff aufs Subjekt, dieses immer objektiviert, führte zur sozialen Verblödung.
    Niedergedrückt widmet man sich nur noch den leblosen, ohnehin schon versteinerten Dingen, um nicht eine weitere Ikone für den weißen europäischen Mann abzugeben. Die dahinter liegende Prämisse: in meinem Blick und meiner Berührung stecken keine Menschenliebe, sondern das Alte Testament, Kolonialismus und Bill Cosby. Sie weiter der Welt zuzumuten, spricht gegen die Vernunft.

    The Way of Life.
    These: eine Ethik ohne humanistischen Rest führt zur Selbstauslöschung. Eine ordentliche Revolution muss Lebensqualität neu definieren, nicht zum kollektiven Selbstmord bestimmter Gruppen oder der Spezies aufrufen, als gelte es die restliche Schöpfung vor unserer oder fremder Schuld zu bewahren.

    July 11 | 2016

    Bud Spencers Kommentar zum sozialen Umgang in Berlin.
    „Ihren Kotzbalken lassen Sie lieber kalt, sonst fliegen wir alle in die Luft.“
    außerdem:
    „Hand geb‘ ich nicht, kann leicht festkleben!“

    Marc Jongen, philosophischer Notnagel der AfD im Interview mit D-Radio Kultur, mit der entlarvenden Metapher.
    “Und die Verantwortung der Politik würde nun eigentlich darin bestehen zu versuchen, diese Gräben, die hier aufgeschüttet sind, nicht immer weiter zu vertiefen, indem man jetzt nur sozusagen der einen Seite Recht gibt und mit Nazi-Keulen und was da alles noch so an Waffen zur Verfügung steht, auf die andere Seite einzuschlagen, sondern man müsste die Berechtigung anerkennen, die auch auf der anderen Seite liegt.”

    Gespräche nach Stadtteil geordnet.

    NEUKÖLLN. Spanier. Heavy Metal Gitarrist auf Ausstellungseröffnung: „I am totally ignorant about this artsy thing. My grandmother can do this, I mean and then, what, four thousand million dollars?“

    WEDDING. Poststelle, Mitarbeiter: “Muss selbs draufkleben. Da vorne, andere Kasse, gibs Tesa, 4,50.”

    SCHÖNEBERG. Poststelle Mitarbeiterin: „Das dürfte ich Ihnen eigentlich gar nicht wieder aushändigen, aber machen Sie mal in Ruhe.“

    MITTE. Künstlerin, 20, mit teurem Hut: “Heute hab ich sonne Sache geschrieben, also, da gehts um Tod. Da ist die eine line, die find ich super geil. Da könnte man nen Kurzfilm draus machen.”
    Reicht Notizbuch mit ‚line‘ herüber, nach kurzem Lesen das Gegenüber: “Schön.”

    Brite, besoffen: “the reason the american economy is in decline are the labour unions.”

    July 10 | 2016

    Ein Süppchen kochen.
    Vor einiger Zeit las ich auf der Internetseite einer bekannten Wochenzeitung ein Rezept. Eine Gans war daran beteiligt, wurde gestopft, um sich in zwei oder mehr Stunden bei vielen hundert Grad in eine Delikatesse zu verwandeln. Die Details, wie mit dem Brocken Fleisch umzugehen sei, habe ich vergessen, während der Kommentarbereich großen Eindruck auf mich gemacht hat.
    Kommentarbereiche sind Ausdruck demokratischer Gesinnung der vierten Gewalt, glaube ich. „Das Braten der Gans bedarf, soll sie lecker saftig werden, der Zuführung von Flüssigkeit“ könnte in einem Kochforum für Köche stehen. Der Sender dieser Botschaft hätte ein Versäumnis des Rezeptes aufgefunden und wäre bemüht, eine im Rahmen seines Erfahrungshorizontes formulierte Lösung anzubieten. Sicherlich könntena andere Köche ihm schlicht mangelhafte Erfahrung unterstellen, andere Lösungen anbieten, oder das Problem selbst in Frage stellen. Derlei könnte stehen im Kommentarbereich eines Forums für Köche.
    Die Anzahl ausgebildeter Köche in online-Foren ist begrenzt. Die professionellen Kräfte müssen auch mal schlafen. Es kommt meist zum Ausbruch der Amateure. Sie besprechen nicht die Details des Vorgangs, sondern variieren nur einen einzigen Vorwurf: das Gegenüber hat einen schlechten Geschmack. Dieser Vorwurf ist ein moralischer: „120 Minuten bei 250 Grad und das in Zeiten von Fukushima! Ich glaube mir wird schlecht.“
    Die Prämisse dieses Eintrags ist im Hinblick auf unsere Lebenspraxis radikal: Kochen ist nicht Kulturleistung, sondern Verbrechen. Katholiken können hier schnellen Anschluss finden. Geradezu zwingend die Schlussfolgerung: das Brot zu brechen beinhaltet schon, dass ein sündhafter Mensch es gebacken hat.
    Durch den Beitrag inspiriert, erinnere mich an den großelterlichen Haushalt. Jeden Tag, drei Stunden, vier Kochplatten, dann noch der Kuchen für zwei Stunden im Backofen. Meine Erinnerung wird menschheitlich universell und ich rechne hoch. Wenn jetzt sieben Milliarden Menschen Omas Kuchen essen wollten… die Dimension erhält apokalyptische Ausmaße. Woher käme die Enerige, woher das Getreide, das Aroma Vanillin, wenn die Chinesen Omas Kuchen wollten? Das übergroße Begehren nach Kuchen, schaffte den Kuchen für mich schließlich ab. Oma könnte die Zutaten nicht mehr bezahlen (ein Kilo chinesisches Mehl: 84,99, ein Liter Milch, das weiße Gold, pam pam pam, so funktioniert der Markt, Handelskrieg, nuklearer Fallout.) Noch, denke ich, kostet die Stange Palmin 59 cent. Nach dem Kaffee legen wir uns eine Stunde hin – wenn das alle täten! Wir duschen, manch einer fährt zur Schaumparty nach Duisburg. 10.000 Liter Schaum denke ich noch, während mein Urin mit sechs Litern Wasser scheinbar auf dem Weg nach China ist. Ich habe mir viele Rezepte von Oma aufgeschrieben, zum nachkochen.
    Ich schreibe selbst ins Forum.

    Liquify: „Nicht nur den Ofen auf volle Pulle, sondern auch noch Flüßigkeit hinzufügen. Die Sahra wächst und wächst.“

    JohannR: „Wer ist den diese Sahra“?

    DezemberNietzsche: „Das mangelnde Wissen, um die Anwendung der neuen deutschen Rechtschreibung zeitigt auch in ihrem Fall wieder tolle Blüten. Das scharfe ‚ß‘ ist nicht etwa abgeschafft worden, sondern … [mehr lesen]

    MettForEver: „’zeitigt Blüten,‘ haha, ich sage mal, Rechtschreibung ist nicht alles.“

    Liquify: „Der Mangel an Respekt vor der Natur, der hier offen gezeigt wird, erschüttert mich.“

    Ich lasse mehrere Aufrufe zu Sachlichkeit und Besonnenheit folgen. Sie sind Teil meiner Arbeit am Distinktionsvorteil. Niemand macht bislang den Vorwurf des Faschismus, entsprechend, muss ich auch das noch selber leisten.

    Liquify: „Wer seine Pisse mit sechs Liter Wasser wegspült wär auch Wachmann im KZ geworden.“

    Alternative18: „Ich kann es nicht glauben, wie hier das Erbe unserer Väter … [Anm. der Redaktion: die Leugnung des Holocausts steht in Deutschland unter Strafe. Vielen Dank]

    wombat92: „Die Amerikaner geben mehr für Rüstung aus als der Rest der Welt zusammen. Wir werden uns noch umgucken, wenn denen das Wasser ausgeht!!!

    Ab hier in Ruhe abwarten. Bei Bedarf durchs Ofenfenster nachsehen, ob noch genug Flüssigkeit drinnen ist, damit alles lecker saftig bleibt. Bei Bedarf nachgießen, ein kleines, rhetorisches Mittel im Kampf ums letzte Wort vielleicht.

    Liquify: „Es lohnt sich nicht! Perlen vor die Säue!“

    Guten Appetit.

    July 06 | 2016

    Empörung I. Im Sinne eines berühmten Fragebogens verfasste Fragen mit Hinblick auf die Diskussion um die Verschärfung des Sexualstrafrechts, den Austritt GB aus der EU und das Ende des Abendflandes (AfD).

    Sind Sie als Mann verletzbar und wenn ja, bleibt dann der Deutsche in Ihnen von dieser Verletzung unbehelligt?

    Sind Sie als Frau verletzbar und wenn ja, bleibt dann die Deutsche in Ihnen von dieser Verletzung unbehelligt?

    Empfinden Sie die beiden letzten Fragen als gleichrangig? und wenn nicht, wo würden Sie diese Ungerechtigkeit zur Meldung bringen?

    Mit welchen Gruppen halten Sie sich solidarisch?

    Mit welchen Personen des öffentlichen Lebens halten Sie sich solidarisch?

    Engagieren Sie sich sozial und falls nein, warum nicht?

    Engagieren Sie sich politisch? und wenn ja, inwiefern?

    Vertritt die von Ihnen favorisierte Partei ein Gesellschaftsbild in dem Sie sich wiederfinden und wenn ja, auf welcher Seite stehen Sie?

    Ist die von ihnen favorisierte Partei an der Regierung beteiligt? Falls nein, benennen Sie drei Dinge, die bei einer eventuellen Beteiligung als Verbesserung zu erwarten sind.

    Halten Sie es für richtig, sich auch gegen die eigenen Interessen für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen?

    Gehen Sie wählen?

    Halten Sie den Postkolonialismus ebenso für ein Problem der Gegenwart wie gesellschaftliche Diskriminierung im Hinblick auf Geschlecht und Ethnie und falls ja, mit wem reden Sie über Postkolonialismus?

    Spenden Sie Geld für gemeinnützige Organisationen und falls ja, wann?

    Benennen Sie in Stichpunkten: was ist Geschlecht?

    Waren Sie Charlie und wenn ja, warum?

    Hat Sie die letzte Frage empört und falls nein, glauben Sie, dass man Sie deswegen für einen schlechten Menschen halten könnte?

    Wenn jemand sie für eine Meinung zur Rechenschaft ziehen will, sind Sie zu einem Gespräch bereit und wenn ja, wann haben Sie sich das letzte Mal auf Augenhöhe gestritten?

    Halten Sie es für notwendig in sozialen Netzwerken auf Klarnamen zu bestehen und sollten persönliche Daten (Religion, Geschlecht, Nationalität, etc.) verifiziert werden? Falls nein, warum nicht?

    Äußern Sie sich in Internetforen und falls ja, korrigieren Sie Rechtschreibung und Syntax von Menschen, denen Sie inhaltlich zustimmen?

    Wenn Sie einen Film, oder eine Reportage schauen, identifizieren Sie sich eher mit dem Schicksal von Frauen oder dem von Männern?

    Wenn Sie einen Film, oder eine Reportage schauen, empören Sie sich mehr über das Leid von Menschen, oder das von Tieren?

    Zitate aus Herzogs Buch zur Eroberung des Nutzlosen, auf die Rückseite einer alten Postkarte gekritzelt. Das Buch mitsamt den eigentlichen Notizen darin, mir so identitär wichtig geworden, ist verschollen.
    S. 18: „Die Menschen verbringen hier die Tage damit, dem Fluss zuzusehen.“
    S. 20: „Bleierne, ausweglose Labyrinthe der Müdigkeit.“
    S. 21:  „Die Enten stehen draußen im Regen, stumm und reglos, und denken intensiv an nichts.“

    Ich habe mich früher sehr über die Heute Show aufgeregt, weil sie als komisches Prinzip eben nicht die Starken sich zur Brust nimmt, sondern bloß auf eine Stufe mit den Schwächsten der Gesellschaft stellt. Die Script-Schreiber verblödeln immer wieder ihre Stoßrichtung, wenn sie Politiker als altersschwach, oder als sich prostituierend dem Gelächter preisgeben wollen.
    Heute weiß ich, dass ich sie mitsamt dem Mario Barth einfach nur in ihrem Traditionsbewusstsein unterschätzt habe. Sie berufen sich auf den Altherren-Witz. Das geht durch, weil wir vor lauter politischer Korrektheit des Kabarets jedes nur kernig genug vorgetragenes mille mille mille als Befreiung empfinden.

    Zum Aufstieg der AfD.
    Was wie vernünftig ist, entscheidet die psychische Ökonomie.

    Norman Nodge hat zu seinem eigenen Vortrag an der FU vor knapp zwei Jahren folgendes gesagt: “Ich finde das Thema wissenschaftlich schwierig, es ist so primitiv”. Vielleicht habe ich das sogar schon einmal irgendwo erwähnt, aber mit Ausblick auf den Sommer in Berlin, kommt so einiges hoch.