Course a la saucisse.
Präsentiert wird uns der Held – frontal, im ganzen lacht ein Hund in unser Auge. Nach dem Schnitt beginnt es schon: Das Rennen, um die Wurst. Der Held ist ein Dieb, er beißt ins scheinbar kurze Ende. Vor dem Fenster einer Metzgerei lugt es aus einem Fass heraus. Mit der Beute vorn im Maul, zieht der Held von dannen. Nach ihm entspinnt sich die Handlung. Endlos scheint die Kette, die der Wurstdieb hinter sich herzieht. Vierlerlei an Personal macht sich an die Verfolgung, es ist das Personal der Kleinstadt.
Hund und Wurst durchkreuzen viele Wege. Theatralisch unterbrechen sie das Gespräch zweier Marktfrauen, überwinden Gärten, Zäune, halten Maler von der Arbeit ab und stören den Spaziergang. Dabei geht alles verschütt: Farbe fliegt aus Eimern, Hühner aus dem Korb, Kinder aus dem Wagen. Weder Hund noch Wurst zeigen sich dabei besonders rücksichtslos. Es sind die Verfolger, die slapstickhaft erst Schaden nehmen und ihn weiterreichen an den nächsten, der in seinem Fallen, Stolpern, Drängen schon den Übernächsten mit zu Boden reißen. Keiner kann die Sache auf sich beruhen lassen und steigt gewaltig mit ins Rennen ein, dessen Kopf mit Wurst im Maul von all dem gar nichts weiß, oder doch?
Das Boule-Spiel einiger Herren im Zylinder verliert die Ruhe seines Gangs, Ebenso geschieht dem Milchmann seine Unterbrechung und alles fliegt – erst noch zu Boden, dann den andern hinterher. Schließlich: Raserei! die eindringt in das Heim. Durch ein Fenster zieht die Wurst und ihr Gefolge an Vandalen in das Souterrain einer Wohnung. Bitter beklagt die Hausfrau die Verletzung ihrer Rechte, doch den Verfolgern fehlt der Sinn, um ihren Einbruch zu unterlassen. Einzelne versuchen noch im Vorübergehn sich zu entschuldigen, andere zerreißen schon die Kissen, werden zudringlich. Der Maler versucht einen schnellen Kuss. Sie alle sind so ganz gefangen und befreit im Rennen um die Wurst. Beinahe hätte man vergessen, dass es um sie geht.
Ganz zum Schluss reihen sich vom Horizont her alle aneinander, angeführt vom Helden. Dann tritt ans Ende des bekannten Personals noch die allerletzte Neuerung. Hinter Frau mit Kinderwagen erscheint ein Zug. Hund und Wurst sind schon allzu lange aus dem Bild heraus, um noch als Grund für die panische Flucht zu gelten. Die Eisenbahn verfolgt den Milchmann, sie verfolgt den Maler, die Marktfrauen und die Hausfrau, treibt den Spaziergänger vor sich her und überrollt den Kinderwagen, zerquetscht ihn unter ungebremster Fahrt und erst in letzter Sekunde gelingt die Rettung des Kindes.
Ein Jäger schießt, verfehlt den Hund, er trifft die Wurst und endet die Bande zwischen den Verfolgern. Am Boden liegt die Wurst und über ihr da schlagen, kratzen, beißen die, die um ihre Ruhe gekommen sind. Überraschend scheint ein jeder etwas abzubekommen und bleibt vor Ort um einen Teil herabzuschlingen. Kein Bild der Völlerei, sondern die erbärmliche Fütterung hungriger Tiere, von deren vier Minuten Vorgeschichte ein Bild noch unerwähnt geblieben ist.
Ein Artist erkennt im Hund sein Material und hält einen Reifen hin, doch auch die Ordnung dieses Spiels kann die Brutalen nicht mehr halten. Sie sprengen ihm die Leinwand und den Rahmen.
–
„… es wäre unrealistisch, wollten wir meinen, daß eine Einrichtung die so viele [Steuer] Gelder schluckt, ohne weiteres die Genehmigung erhalten sollte, die ganze alte Scheiße unverholen zu bekämpfen. Auf Schleichwegen muss in diesen Häusern gearbeitet werden, mit List und außerordentlicher Geduld.“ [PW: Umfrage Antwort: Warum Theater? – Kürbiskern 2/73]