David Bowie hat sein body-double gefunden. Tilda Swinton springt dort ein, wo das Spiel mit der Androgynität den 66-Jährigen zum Geck machen würde.

    Die zeitintensive Vorbereitung für meinen Intersession-Kurs: The World as Crime Scene erscheint mir bisweilen als bloße Entschuldigung für den ungehemmten Konsum von Popkultur. Denkbar wäre auch, dass es sich dabei – im Gegenteil – um Selbstausbeutung meinerseits handelt.
    Bei der Durchsicht aktueller Werbefilmchen aus dem US Fernsehen, sehe ich wie kunstvoll der Gebrauchswert von Scheiße durch Vergoldung in die Höhe getrieben wird. Werbung ist der Versuch einer Partei, einer anderen Partei etwas zu einem höheren Preis zu verkaufen, als erstere beim Erwerb bereit war für das etwas zu zahlen. Die Aufgabe ist, dem Käufer etwas zu Versprechen, das ihn dazu bringt in den unsinnigen Handel einzuwilligen. So, oder so ähnlich bestimmt bei Marx nachzulesen. Bei aller Kritik am Prozess der Bedürfnisproduktion, muss festgehalten werden, dass kleine Dinge tatsächlich dein Leben verändern können. Nur – versprechen lässt sich das nicht.

    Ich erinnere mich sehr genau an den Besuch meines Gymnasiums etwa zwei Jahre nach dem Abitur. Die ungewöhnlich zeitige Rückkehr an den Ort des Schreckens, den ich kurz zuvor noch um jeden Preis verlassen wollte, hatte zum Grund ein Mädchen. Für die Erinnerung ist das aber nur eine Randbemerkung Was hängen blieb, war die kurze Begegnung mit meinem alten Deutsch- und Religionslehrer, dem ich mich als Student der Germanistik und Geschichte zeigen wollte. Mit dem Versuch auf dem Schulflur an der Treppe zum Kunstkeller eine Diskusion über Paul Watzlawick und den Konstruktivismus anzufangen, ließ er mich, auf dem Weg in seine eigene Klasse, folgendermaßen zurück: „Ich vermeide das, es enthält keine Heilsbotschaft.“ Ich war nicht enttäuscht, sondern fragte mich, was passieren muss, damit ich das auch mal zu jemandem sage.
    Heute auf dem Weg ins Seminar freue ich mich über den anregenden Blödsinn, den er mir damals mit auf den Weg gab. Wenn mich jetzt jemand anspräche, würde ich nur nicken und sie oder ihn mir eine Email schreiben lassen.

    “Sie immer noch überraschen zu können: Unbezahlbar.”
    Das Versprechen hinter allem: es wird dein Leben verändern. Bei Mastercard weiß man, dass sich dieses Verprechen nicht einlösen lässt und bewirbt die Qualität des angebotenen Service mit der Kontingezerfahrung – unendlich viele Dinge, die man kaufen kann, beinhalten womöglich die wenigen, die sich einem direkten Erwerb verweigern. Wer Geld verkauft, kann leicht behaupten, dass der Besitz des Produktes, irgendwie, irgendwann tatsächlich zur Bedingung der Möglichkeit von Glück wird. Mit der Plastikkarte ist man bereit für diesen Zufall. Da er sich nicht planen lässt, steckt dahinter noch der Hinweis darauf, dass wer mehr kauft sich diesem Zufall öfter aussetzt und zwangsläufig glücklicher ist. Letztlich bewirbt sich der Kapitalismus hier selbst und entblöst zudem sein perfides Heilsversprechen: Unbezahlbares in Zahlen abbilden und Glück verdienbar machen. Rationalisierung ist ein Bedürfnis und noch die allergrößte Unvernunft kann ihm dienen. Ein eindeutiges Versäumnis scheint mir zu sein, dass sich auf keiner mir bekannten Kreditkarte ein „In God we trust“ findet.

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