Eigentum verpflichtet.
Die ein, zwei und fünf Cent Münzen der europäischen Gemeinschaftswährung Euro bestehen aus Stahl. Erst eine Kupferauflage verschafft ihnen die typische, rote Färbung, die vor allem deutsche und niederländische Nutzer an die gute alte Zeit erinnern, in denen jedes ihrer 400 Fürstentümer eigene Währungen aus Edelmetall in Umlauf brachte. Auch der Pfennig der deutschen Nachkriegsrepublik wurde, anders als urban legends es wahrhaben wollen, nicht aus Kupfer gefertigt, sondern erhielt durch Münzprägegkunst nur dessen Anschein. Erstaunlich hingegen: Die Herstellungskosten der Münze lagen deutlich über ihrem Zahlungswert, eine unangenehmer Ausfall des Equivalenzdenkens, den die Schöpfer des neuen Geldes, zu verhindern wussten. Auch bei steigenden Kupferpreisen ist bei den billig produzierten, kleinen Euromünzen noch Luft nach oben.
Ich habe immer einige Gläser voll mit Euros im Schrank stehen. Meist nur Kupfer, ab und an ein zehn oder zwanzig cent Stück. Die fische ich bisweilen heraus und bezahle damit einen Kaffee. Den roten Rest kann, wer will zur Bank tragen. Ich nicht, denn ich bin Kunde eines zweifelhaften Geldinstituts, bei dem Privatkunden das Kleingeld nur in Münzrollen abliefern dürfen. Da heißt es Obacht geben und sich zu Hause gut vorbereiten. Richtig, 49 zwei cent Stücke sind eines zu wenig, da müssen Sie noch sparen.
Die Stahlmünzen mit beidseitiger Kupferauflage beschweren nicht nur meinen Schrank, nein, ich entziehe sie auch dem Zahlungsverkehr. Ich habe neulich versucht sie ihm zurückzugeben. Schon die Zahlung eines Milchkaffee mit 5-cent Münzen verursacht soziale Reibung. Fünf cent Münzen wolle niemand als Wechselgeld, die könne er nicht gebrauchen, sagte mir jemand, der mich eigentlich mag. Deswegen war diese Reaktion auch die ausgewählt höflichste. Kein Café, kein Geschäft, kein Supermarkt will eine handvoll Kleingeld annehmen. In allen Fällen trug ich mit dem Sack voll Münzen Schlechtes in die Welt. Wer an der Supermarktkasse versucht die 2,87 aus 12,87 mit roten Münzen zusammenzuzählen, schürt den Zorn des Feierabendvolkes. Kleingeld zu verteilen an jemanden, der darum bittet, führt ohnehin auf Messers Schneide an den Abgrund der Erniedrigung. 25×2 cent in den Becher eines Obdachlosen heben diese Zweideutigkeit auf. Gleich noch einen echten Euro hinterherschieben, heißt es da, um wenigstens null für null aus der charity-Nummer herauszukommen.
Ich habe den Rest meiner Kupfer-Eisen-Reserven gezählt. Es sind knapp 23€. Ich bin bereit sie für immer dort im Schrank zu lassen. Er und ich tragen an ihnen weniger schwer als die Welt.